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Menschliche Bildung und der Schutz Minderjähriger vor Missbrauch

geschrieben von MP


In Florenz beraten Verantwortliche der Priesterseminare und Orden aus ganz Europa zwei Tage lang über Präventionsmaßnahmen in der Priesterausbildung

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Von Spanien bis Litauen, von Rumänien bis Irland – quer aus ganz Europa kamen die gut 250 Teilnehmer der ersten europäischen Konferenz „Formazione e prevenzione“ („First European Conference on Human Formation and Prevention of Abuses“), die am 31. März und 01. April 2017 in Florenz stattfand. Gastgeber der internationalen Tagung, die in Zusammenarbeit mit der Kongregation für den Klerus und der Päpstlichen Universität Gregoriana durchgeführt wurde, war die Katholisch-Theologische Fakultät Florenz. Die Schirmherrschaft hatte die italienische Bischofskonferenz übernommen.

In italienischer und englischer Sprache gab es Impulse und Vorträge aus verschiedenen Perspektiven: Ausbilder stellten unterschiedliche Konzepte vor, Seminaristen berichteten über ihre Erfahrungen, Psychologen und Psychiater gaben einen Überblick über Möglichkeiten und Grenzen ihrer fachlichen Methoden. Aber auch die Sicht der Opfer wurde durch die in Italien sehr bekannte Autorin Anna Deodato („Vorrei risorgere dalle mie ferite“) ins Wort gebracht. Hochrangige bischöfliche Teilnehmer betonten in ihren Beiträgen die Entschlossenheit der Kirche, alles Menschenmögliche zum Schutz Minderjähriger vor Missbrauch und Misshandlung zu unternehmen. Unter ihnen waren Kardinal Angelo Bagnasco, Vorsitzender der italienischen Bischofskonferenz, und Kurienerzbischof Jorge Carlos Patrón Wong, Sekretär für die Priesterseminare an der Kongregation für den Klerus. Er betonte in seinem Beitrag, dass dem Thema Prävention auch in der Erarbeitung der neuen Grundordnung für die Priesterbildung („Ratio fundamentalis“ vom Dezember 2016) großes Gewicht beigemessen wurde.

Der zweite Konferenztag stand mehr unter dem Aspekt des Austauschs in Arbeitsgruppen. Bereits erreichte Standards wurden miteinander verglichen, Erfahrungen ausgetauscht, Ideen weiterentwickelt, aber auch Defizite benannt und Forderungen formuliert. Es wurde deutlich, wie viel europaweit in der Priesterausbildung bereits zum Schutz Minderjähriger unternommen wurde: Neben einer engen persönlichen Begleitung der Kandidaten über den gesamten Ausbildungszeitraum hinweg reichen die Maßnahmen über einzelne Präventionskurse, die für die Thematik sensibilisieren sollen, über die Anleitung zur Selbsterziehung und Selbstreflexion bis hin zum Einsatz psychologischer Tests und Expertisen in der Auswahl und Begleitung der Kandidaten. In den letzten Jahren ist die Überzeugung gewachsen, dass ein besonderes Augenmerk in der Priesterausbildung der menschlichen und psycho-sexuellen Reife der Kandidaten gelten muss. Das hat die Ausbildung in den Seminaren bereits weitgehend verändert und schlägt sich auch in der neuen Grundordnung für die Priesterbildung nieder. Dennoch waren sich die Teilnehmer darin einig, dass man in den steten Bemühungen nicht nachlassen darf und will.

Maßgebliche Mitverantwortung für die Organisation der Konferenz lag in Händen von Jesuitenpater Prof. Hans Zollner SJ, der aus dem Bistum Regensburg stammt. Er lehrt im Institut für Psychologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom, ist Mitglied der Päpstlichen Kommission für den Schutz Minderjähriger, leitet das „Centre for child protection“ (CCP) mit Sitz in Rom und gehört zu den führenden Fachleuten in Fragen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger.

Das zum Ende der Tagung formulierte Konsenspapier („Dichiarazione di consensus“ / „Consensus statement“) dient als Grundlage für die Weiterarbeit an diesen Themen und wird auch für die Weiterentwicklung der Priesterausbildung vor Ort ein interessanter Impuls sein.

Martin Priller, Regens

Bericht der Facoltà Teologica dell’Italia Centrale, Firenze
Berichte in der italienischen Tageszeitung “La Repubblica”
Videobericht und Interview mit Kard. Bagnasco